Donate now, pay later - Spannendes Fundraising-Tool oder Schuldenfalle?

Es gibt eine neue Spendenoption in der US-amerikanischen Fundraising-Toolbox: Donate now, pay later (DNPL). Abgekupfert vom E-Commerce bietet sie nun auch Spender*innen das “Zahlen auf Pump”. Welche Vor- und Nachteile das hat und ob es Sinn macht, Spenden in Raten abzustottern, frage ich mich in diesem Artikel. 

 

Wie funktioniert Donate now, pay later?

Derzeit gibt es zwei US-amerikanische Unternehmen, über die man diese Spendenmöglichkeit in seine Online-Formulare integrieren kann (Givzey und BGenerous). Dort befindet sich dann ein eigener Button, über den man auf das Donate now, pay later-Formular kommt. Hier können Spendende den Spendenbetrag in drei, sechs oder neun Raten stückeln. 

Die Organisation erhält den Gesamtbetrag sofort. Das geht über eine Bank, die einen zinslosen Kredit für die Spendensumme gibt. Sie übernimmt auch das Ausfallrisiko. Falls eine Rate nicht gezahlt wird, wird nicht gemahnt. Einer der beiden Anbieter beschäftigt angeblich (ganz sicher lässt sich das nicht recherchieren und meine Anfragen für diesen Artikel blieben leider unbeantwortet) selbst Fundraiser*innen, die bei Nichtzahlung bei den Spendenden nachtelefonieren. 

Für die Spender*innen ist das alles kostenfrei. BGenerous behält eine Gebühr zwischen 8,25 % und 15 % von der Spende ein, bei Givzey muss von der Organisation ein Mitgliedsbeitrag entrichtet werden.

 

Selbes Potential wie im E-Commerce?

Zumindest was den US-amerikanischen Markt betrifft, hat sich das Buy now, pay later-Modell (BNPL) im E-Commerce durchgesetzt. 28 % der US-Amerikaner haben einen solchen Kredit. Ratenkauf ist aber auch in Europa auf dem Vormarsch, spätestens seit der enormen Teuerung 2022. Dem gesamten Sektor wird global ein hohes Wachstum vorhergesagt. Doch wer sind die Leute, die gerne später zahlen?

Laut vielen Studien zum Thema BNPL sind es vor allem Angehörige der Generationen GenY und GenZ, die diese Zahlungsart nutzen. Sie machen bis zu 70 % der BNPL-Nutzenden aus. Das liegt vermutlich daran, dass diese jüngeren Gruppen mehr Probleme dabei haben, ihr Leben zu finanzieren.

Unterm Strich stehen die Chancen also gar nicht schlecht, dass Spender*innen dieses Modell annehmen und nutzen. Obendrein haben viele Organisationen Schwierigkeiten damit, junge Zielgruppen zu erreichen und zum Spenden zu motivieren – vielleicht bietet Donate now, pay later hier Potential?

 

DNPL aus der Fundraising-Perspektive

 

Emotion

Spenden hat immer mit Emotionen zu tun und die sind bekanntermaßen spontan und akut. Angenommen, jemand liest eine Erfolgsmeldung einer NPO und ist daraufhin so begeistert und motiviert, dass er*sie die Arbeit unterstützen möchte. Doch es ist Ende des Monats und am Konto herrscht gähnende Leere. Die Person wird vielleicht per Kreditkarte spenden, oder es bis zur nächsten Gehaltszahlung aufschieben und dann doch wieder vergessen. Zweiteres könnte durch DNPL verhindert werden, da die Spendenden in ihren Emotionen abgeholt und ihnen unabhängig vom Kontostand eine Möglichkeit geboten wird. 

 

Spendenhöhe

Außerdem – damit werben auch beide anbietenden Unternehmen – fördert DNPL höhere Spendenbeträge. Das ist der gleiche Effekt wie bei regelmäßigen Spenden, die auf monatliche Beträge aufgeteilt werden: Viele kleine Spenden sind einfacher zu stemmen als eine große. Laut dieser Quelle betrug die Durchschnittsspende in den USA 2022 128.- Dollar, wohingegen die durchschnittliche Spende über DNPL 470.- Dollar beträgt. 

Ob dieser große Unterschied tatsächlich daran liegt, dass die Spende in Raten gezahlt wird, oder ob es dafür auch andere Gründe gibt, weiß ich nicht. Aber immerhin sind 470.- Dollar ein ganz schöner Wert.

 

Notfälle und Aktionen

In sehr dringenden Fällen wie z. B. der Katastrophenhilfe könnte DNPL eine hilfreiche Sache sein. Da die Organisation sofort den vollen Betrag erhält, kann das Geld gleich im Hilfsprojekt eingesetzt werden.

Auch bei Spendenaktionen könnte DNPL gut zum Einsatz kommen. Eine Gift Matching Kampagne könnte dadurch erfolgreicher sein, weil Einzelpersonen höhere Beträge spenden und dadurch auch die Unternehmen mehr spenden. 

 

Junge Spendende

Die junge Generation ist mit Abo-Modellen wie Netflix und Co. groß geworden. Sie haben tendenziell weniger Vorbehalte dagegen und – wie ich weiter oben schon geschrieben habe – nutzen Buy now, pay later sehr häufig. Donate now, pay later könnte dieser Zielgruppe also genau in die Hände spielen, da sie das Modell der Ratenzahlung von Einkäufen kennen und oft nicht in der Lage sind, größere Beträge auf einmal zu geben.

 

Rate oder Regelmäßige Spende

Im Grunde ist DNPL wie eine regelmäßige Spende mit fixem Enddatum. Das ist sicherlich für viele Spendenden ein Argument pro Ratenzahlung. Außerdem erhält die Organisation den Gesamtbetrag sofort, was ebenfalls ein Vorteil gegenüber dem Dauerauftrag ist.

Allerdings laufen viele regelmäßige Spenden über einen längeren Zeitraum. Nach mehreren Jahren kommt so eine wesentlich größere Summe zusammen.

 

Die moralische Seite der Medaille

Donate now, pay later ist sicherlich eine interessante Ergänzung zum bestehenden Fundraising-Werkzeugkasten der Organisationen und kann auf unterschiedliche Weise strategisch genutzt werden. Doch es bleibt auch ein Modell, das auf Schulden basiert. Da es besonders von jüngeren Generationen angenommen wird, die ohnehin keine großen Reserven auf der Bank haben, geht mit DNPL auch ein finanzielles Risiko einher. 

Menschen könnten dazu verleitet werden, mehr zu spenden, als sie sich eigentlich leisten können. Zusammen mit Kreditkarten und Ratenkäufen ist der Überblick schnell verloren. Wenn dann die Miete nicht mehr gezahlt werden kann, weil Handyrechnung, Ikea-Rate und Spenden-Rate schon vom Konto abgezogen wurden, geraten junge Menschen schnell in Probleme. Spenden könnte damit im Nachhinein zu einer negativen Erfahrung werden und vor weiteren, zukünftigen Spenden abhalten. 

Trotzdem halte ich das Risiko bei einer Spende auf Raten für überschaubar. Es ist immerhin ein fixer Betrag mit fixen Raten und kein offenes Abo, das erst gekündigt werden muss. Vermutlich stellt Donate now, pay later ein ähnliches Risiko dar, in die Schuldenfalle zu tappen, wie eine Kreditkarte.

 

Unterm Strich…

…ist Donate now, pay later eine Spende auf Raten, wie eine regelmäßige Spende, bloß mit einem Enddatum. Im Hinblick darauf, dass die Organisation den Gesamtbetrag sofort bekommt, hat das neue Modell aus den USA die Nase vorne. Außerdem senkt es die Hürde, eine Spende zu geben, sofern nicht viel Geld vorhanden ist. DNPL könnte eine weitere Option im Zahlungsarten-Mix beim Spenden werden.

Vor allem im Hinblick auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten könnte das Modell in den USA erfolgreich sein. Ob es auch nach Europa kommt, steht derzeit noch in den Sternen. Hier gibt es jedenfalls strengere Regularien für Konsumkredite.

 

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