Non-Profits im Metaversum: Chancen für Fundraising, Awareness & Communities?

Obwohl das Metaversum noch kaum mehr als eine Zukunftsvision ist, sollten Non-Profits die Entwicklung im Auge behalten. Nicht nur weil das Metaversum Non-Profits dringend brauchen wird, sondern auch weil es zahlreiche Möglichkeiten für den guten Zweck bieten könnte. In diesem Artikel liest Du, wie sie aussehen könnten – und welche ersten Experimente es bereits jetzt gibt.

Falls Du erst noch lesen möchtest, was das Metaversum und NFTs eigentlich sind und welche Kritikpunkte es daran gibt, empfehle ich Dir diesen Artikel: Metaverse 4 Good?

 

Welche Chancen bietet das Metaversum für Non-Profits? – Ein paar Ideen

Wenn es nach Tech-Giganten wie Meta geht, soll das Metaversum schon in den nächsten zehn Jahren in der breiten Bevölkerung angekommen sein. Heute steckt es aber noch in den Kinderschuhen: Das Metaversum “The Sandbox” verzeichnet aktuell rund 30.000 Nutzende, “Decentraland” immerhin schon 1,5 Mio. Das Potential ist enorm, wie eine repräsentative Studie von OMD zeigt. Ihr zufolge sind 61% der 3.000 Befragten bereits Nutzende oder interessiert an einer Nutzung des Metaversums. Als bevorzugte Aktivitäten nennen sie Reisen, Shoppen, Gaming, Bildung, sozialen Austausch und Kultur. 

Die Idee eines 3D-Internets ist nicht ganz neu, ebenso die Frage danach, wie Non-Profits das für sich nutzen können. Bereits 2010 hat TechSoup ein Webinar darüber abgehalten, welche Vorteile Non-Profits von einer Präsenz in der 3D-Welt “Second Life” haben. Je nachdem, wie sich die Idee des Metaversums entwickelt, ergeben sich viele Möglichkeiten von Awareness über Fundraising bis zu Zusammenarbeit.

Zum Fundraising im Metaverse sei noch anzumerken, dass dies derzeit nur mit Kryptowährungen möglich ist. Sofern sich das nicht noch ändert und auch andere Zahlungsarten integriert werden, sollte sich jede Organisation gut überlegen, ob sie Spenden via Krypto empfangen möchte. Mehr zur Kritik daran findest Du wieder in diesem Artikel: Metaverse 4 Good? 

 

Fundraising

Da es derzeit erst wenig Aktivität von Non-Profits im Metaverse gibt, müssen Best-practices erst geschaffen werden. Findigen und kreativen Fundraiser*innen stehen mit dieser Technologie allerdings ganz neue Möglichkeiten offen, die in den kommenden Jahren getestet und evaluiert werden könnten. Bis das Metaverse im Alltag der Menschen ankommen wird (sofern es das wird), wird noch viel Zeit vergehen – Zeit, die Fundraiser*innen für sich nutzen und ihre Ideen verproben können.

Benefiz-Events

Ein virtueller sozialer Raum ist ideal geeignet, um Benefiz-Events zu veranstalten. Zum Beispiel könnten Musiker*innen für den guten Zweck Konzerte spielen, oder Künstler live ihre NFTs versteigern. Sogar virtuelle Benefiz-Läufe wären möglich: zuhause am Laufband mit VR-Brille. 

Wie groß das Potential hierfür ist, zeigen die ersten Events. So hatte z. B. das virtuelle Konzert von Travis Scott im Metaverse-ähnlichen Spiel Fortnite mehr als 12 Millionen Live-Zuschauer. In welche Real-Life-Location würden so viele Menschen passen? 

 

Challenges und Games

Gamification ist heute schon Trend im Fundraising, und der könnte sich im Metaversum noch verstärken. Eigene Spiele und Challenges bieten (potentiellen) Spender*innen Unterhaltung und können gleichzeitig Spendeneinnahmen bringen. 

 

Avatar-to-Avatar-Fundraising

Face-to-Face-Fundraising ist eine wichtige finanzielle Säule vieler Non-Profits. Diese Art des Spendenwerbens kann ganz einfach ins Metaversum verlagert werden: von Avatar zu Avatar.

 

Plakatwerbung

Es ist wahrscheinlich, dass sich – wie im öffentlichen Raum – auch in Metaversen Werbeflächen etablieren werden. Ihrem Aussehen sind dabei keine Grenzen gesetzt. Es könnte sich um interaktive Elemente ebenso wie um Videos oder 3D-Grafiken handeln. Die Sprach-Lern-App Duolingo zum Beispiel wirbt bereits im Metaverse Decentraland.

 

Infostände

Wenn es virtuelle Shoppingmeilen, Kinos und Events geben wird, warum dann nicht auch virtuelle Infostände über die Arbeit Deiner Non-Profit? Dort könnte man sich nicht nur informieren, sondern gleich auch ein virtuelles Spendenformular ausfüllen oder etwas in die virtuelle Spendenbüchse werfen.

 

NFTs und Merchandise

Natürlich kann Deine Organisation auch eigene NFTs kreieren und verkaufen, oder als Goodie für eine Spende vergeben. Das können z. B. exklusive digitale Kunstwerke sein, oder auch Dinge, mit denen man Avatare individualisieren kann (Outfits, Accessoires, Tattoos…). Avatare, die in einem exklusiven, mit dem Logo Deiner Non-Profit gebrandeten Outfit im Metaversum herumlaufen, schaffen ebenso Aufmerksamkeit wie im echten Leben.

Viele Expert*innen sehen NFTs im Metaversum weniger als Investition, sondern als Ausdrucksform. Schon jetzt geben Gamer viel Geld dafür aus, ihre Spielfiguren mit besonderen Items auszustatten, die teilweise rein optische Funktionen haben. So wurden z. B. allein 2020 im Spiel GTA bereits 900 Millionen USD mit “kosmetischen” Items umgesetzt. Einige Mode-Riesen wie Gucci, Ralph Lauren und Balenciaga verkaufen schon Mode für Avatare im Metaversum. Eine Gucci-Handtasche erzielte im Metaversum Roblox 4.000 USD. Hier wären sicher auch Kooperationen mit Labels und Creators für den guten Zweck denkbar. DoinGud ist z. B. ein NFT-Marktplatz, auf dem Creators einen Teil ihrer Einnahmen aus NFT-Verkäufen automatisch an eine Organisation ihrer Wahl abtreten können.

Eine weitere Möglichkeit über NFTs Spenden einzunehmen wäre es, sich von Promis unterstützen zu lassen. Sie könnten z. B. kurze Videos aufnehmen, die dann als NFT zugunsten von Non-Profits versteigert werden. Denn auch hier gilt: Promis erzeugen höheres Interesse und damit auch einen stärkeren Wunsch, das NFT zu besitzen.

 

Beispiele
  • Musical “Dear Evan Hansen” Polo-Shirts

Seit Mai 2022, anlässlich des Mental-Health-Awareness-Month, können Nutzende auf Roblox das durch das Musical berühmt gewordene Polo-Shirt für ihre Avatare kaufen. Der Kaufpreis von 2,50 USD geht zu 100% an die NPO Child Mind Institute. 

Bild der Dear Evan Hansen-Polo-Shirt-NFTs

 

  • Häuser NFTs für “Habitat for humanity”

Die Non-Profit aus Central Arizona verkauft 3D-Modelle der Häuser, die sie mittels 3D-Drucker für bedürftige Familien baut, als NFTs in Decentraland. Außerdem haben sie zu Beginn der Aktion eine Charity Gala im Metaversum veranstaltet.

 

 

  • NFTs von Cephalopoden für Sea Shepherd UK

Sea Shepherd UK möchte mittels konfigurierbaren NFTs von Cephalopoden wie Kraken und Tintenfischen Bewusstsein für marine Ökosysteme schaffen und natürlich gleichzeitig Spenden dadurch einnehmen.

Screenshot von ethpods.io zeigt Funktionsweise von Dynamic NFTs
Screenshot von https://ethpods.io/homepage/ zeigt Funktionsweise von Dynamic NFTs

 

 

Vorsicht ist geboten

Noch ist der Einsatz von Blockchains und NFTs aber sehr umstritten (sh. unseren Artikel “Metaverse 4 Good?). Dies ist dem WWF UK zum Verhängnis geworden: Nur 48 Stunden nach dem Launch ihres NFT-Projektes stoppten sie aufgrund massiver Kritik am Energieverbrauch von NFTs den Verkauf wieder. Dadurch hat die Non-Profit nicht nur Spender*innen, sondern auch NFT-Käufer*innen sehr verärgert: WWF UK ends sale of NFTs after backlash

Metaversen für das Gute

Es gibt erste Initiativen, die explizit gute Zwecke unterstützen möchten. Eine davon ist Betterverse, das noch dieses Jahr starten soll. Dort können Nutzende via Kryptowährung oder den Metaversum-eigenen Coins spenden und erhalten dafür ein NFT-Objekt. Im aktuellen Beispiel ist das ein einzigartiger Baum, der im Metaversum wächst und gedeiht. Weitere Themen neben dem Umweltschutz sind angeblich in Planung.

 

Awareness

Immersive Erlebnisse

Auch wenn Fundraising wichtig ist, ist es nicht das einzige. Das Metaversum bietet ganz neue Möglichkeiten, die eigene Mission erlebbar zu machen und Solidarität zu erzeugen. Da es im Metaverse keine physischen Grenzen gibt, ist ein grenzenloses Storytelling möglich. Menschen könnten z. B. mit ihren Avataren die Auswirkungen von Naturkatastrophen “hautnah” erleben, “am eigenen Leib” erfahren, wie es ist im Rollstuhl zu sitzen oder die Erfolge eines Projektes selbst “vor Ort” sehen.

Asher Rapkin, Director Global Business Marketing von Meta, sprach zu diesem Thema auf der OMR22 Blue Stage:

 

Beispiele
  • Die Rainbow Warrior 

Greenpeace Korea hat im Metaversum Zepeto die berühmte Rainbow Warrior digital nachgebaut und erkundbar gemacht:

Im Metaverse Zepeto kann man einen virtuellen Rundgang auf der Rainbow Warrior machen

 

  • PETA 

PETA hat 2018 ein VR-Erlebnis erschaffen, in dem Interessierte ein Gespräch auf Augenhöhe mit einem ausgebeuteten Hasen führen können. Den Hasen spricht ein echter Schauspieler, keine KI. Obwohl dies derzeit nur in einem speziellen Truck möglich ist, der bei verschiedenen Events gastiert und auch gemietet werden kann, könnte ein solches Erlebnis zukünftig auch im Metaversum zu finden sein. PETA möchte mit ihrem Virtual Reality-Erlebnis Menschen erreichen, die sich ansonsten kaum mit Tierrechten beschäftigen. Ein großartiges Beispiel dafür, wie sehr VR emotionalisieren kann (mich hat es jedenfalls sehr, sehr traurig gemacht): 

 

  • Dementia Research UK

Menschen mit Demenz zu verstehen, ist oft nicht einfach. Die eigene Mutter kennt den Weg nach Hause plötzlich nicht mehr oder schafft alltägliche Tätigkeiten wie das Einkaufen nicht mehr. Dementia Research nutzt Technologie, um die Erkrankung am eigenen Leib erfahren zu können und so mehr Verständnis zu generieren. Beispiele sind als 360°-Videos auf der Website zu finden (ganz unten): A walk through dementia

 

Demonstrationen

Auch Demonstrationen könnten zukünftig im Metaversum stattfinden und in dieser Form viele Möglichkeiten bieten. Alles, was programmiert werden kann, wird möglich sein. So könnten alle Demonstrationsteilnehmer*innen beispielsweise als Eisbären “verkleidet” auf das Schmelzen der Pole aufmerksam machen. Aktivisten könnten vor dem virtuellen Laden einer Modekette gegen Pelz demonstrieren oder vor dem virtuellen Parteibüro der AfD gegen Rassismus.

 

Botschafter*innen

Wenn das Metaversum in der Form Realität wird, in der es jetzt als große Vision existiert, könnten ganz neue Berufe und ehrenamtliche Tätigkeiten entstehen. Warum nicht einen oder mehrere Botschafter*innen hinaus in die Weiten des Metaversums schicken, die auf Deine Organisation und Deine Mission aufmerksam machen? Sie könnten andere Avatare ansprechen, auf belebten Plätzen digitale Straßenkunst machen und das “Hutgeld” spenden oder virtuelle Flyer verteilen. 

 

Communities & Spender*innen-Bindung

Das Metaversum könnte sich auch gut dazu eignen, Spender*innen zu betreuen und eigene Communities aufzubauen. Stell Dir vor, Deine Organisation hat ein eigenes “Grundstück” im Metaversum, wo Unterstützende und Interessierte vorbeikommen können. Dort ist zu Bürozeiten immer jemand anwesend, der sich um Anliegen kümmert und informiert. Ganz direkt und “persönlich”, von Avatar zu Avatar. Solche Treffpunkte könnten zu einem starken Mittel für die Bindung an die Organisation werden, vor allem bei jüngeren Generationen.

Außerdem könnten Non-Profits “Safe Spaces” einrichten als Anlaufstelle für von Rassismus oder Sexismus Betroffene. Es könnte Beratung und Unterstützung dort geben – ganz niederschwellig, von überall aus und für alle im Metaversum einfach erreichbar. 

Auch Treffpunkte für Betroffene – z. B. von seltenen Erkrankungen – sind denkbar. So könnten Menschen rund um den Globus Kontakt zu anderen Betroffenen herstellen, sich austauschen und vernetzen. 

 

Remote Work

Nicht zuletzt bieten Metaversen auch umfangreichere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit aus dem Homeoffice. Anstatt auf den Bildschirm zu sehen und mit lauter kleinen Kacheln zu sprechen, könnte das ganze Team in einem (virtuellen) Raum sein und z. B. zusammen auf einem Whiteboard brainstormen. Meta hat sich mit seinem Metaversum Horizon Workroom darauf spezialisiert:

 

Unter Umständen viele Möglichkeiten

Sofern das Metaversum Realität wird und die großen Kritikpunkte aus der Welt geräumt werden, bietet es zahllose Möglichkeiten für Non-Profits. Durch diese Technologie könnten Dinge möglich werden, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Es könnte sich also auszahlen, schon heute die Entwicklungen zu beobachten und ein paar kreative Ideen in der Schublade zu haben.

 

 

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